Samstag, 3. März 2012 21:08

Warum brauchen wir eine Lerntheorie wo wir doch schon so viele haben?
Konnektivismus ist eine „Lerntheorie“, die sich mit Technologie und neuen Arten des Lernens beschäftigt.
„Learning under connectivsm aspects is Network Formation: Adding new nodes, creating new neural paths“.
Angepasst an die Trends im Umgang mit Neuen Medien und Technologien und insbesondere dem Internet als „Lernmedium“ entwickelte George Siemsens und Stephen Downes eine neue Lerntheorie, die 2004 veröffentlicht wurde. Siemens stellte fest, dass die klassischen Lerntheorien nicht mehr an die neuesten Entwicklungen im Lernbereich, besonders an die Entwicklungen im Zuge von Web 2.0 angepasst sind. Erkenntnisse und Erfahrungen, die ausschlaggebend für den Lernerfolg sind, können bedingt durch eine stetig wachsende Informationsflut immer seltener komplett eigenständig durch den Lernenden gemacht werden, was bei den „traditionellen“ Lerntheorien als Maxime gilt. Wissen kann nicht länger nur als zu verinnerlichendes Gut gelten, es muss veräußerlicht werden, um Ordnung in den herrschenden Informationsfluss zu bringen. Aufgrund dieser zunehmenden Komplexität von Wissen ist es nötig, Netzwerke aus Personen und Informationen zu bilden, was heutzutage durch Technologien – Neue Medien – erleichtert wird.
Ein weiterer wichtiger Ansatzpunkt des Konnektivismus ist das Lernen im Sinne von dialogischem Lernen. Zum propagierten statischen, textbasierten Lernen sollte ein Umdenken in Richtung prozessorientierem und dialogischem Lernen stattfinden. Der Dialog ermöglicht das Lernen und die Wissensaneignung an die sich stetig in Bewegung und Weiterentwicklung befindliche Wirklichkeit anzupassen. Es entstehen „Communities of Practice“ , persönliche Netzwerke und kollaborative Arbeitsszenarien. Dieses konnektive Lernen stellt eine Erweiterung des selbstgesteuerten Heranziehens von verschiedenen Informationsquellen dar, indem ein erhöhter Lernerfolg und eine größere Motivation dadurch erzielt wird, sich in ein bestehendes Netzwerk oder in eine bestehende Gemeinschaft zum entsprechenden Thema zu integrieren und damit das Netzwerk zu erweitern oder gar ein neues Netzwerk aufzubauen. Für Siemens stellt das Internet den Netzwerkgedanken des Konnektivismus am besten dar:“The learning is the Network“ (Siemens, 2006). Dies hat großen Einfluss auf das Knowledge Management des Individuums und bestehenden Organisationen und damit auf die Gestaltung und Entwicklung zukünftiger Lernumgebungen.
Ob allerdings der Konnektivismus eine Lerntheorie darstellt ist höchst umstritten. Eine der Hauptthesen des Konnektivismus besteht darin, dass sich Lernen als ein selbstorganisierter Prozess in realen und virtuellen Netzwerken vollzieht und darin besteht Verbindungen herzustellen. Damit verlagert sich das Interesse von den innerpsychischen Abläufen einer Person, also nicht mehr nur durch eigenen Erfahrung zu lernen und Wissensinhalte zu erwerben, sondern in einer sich rasch ändernden Welt Entscheidungen zu treffen, die Verbindungen zwischen Wissensbereichen zu erkennen und dazu in Netzwerken zu partizipieren (vgl. Moser, 2008; Bernhardt & Kirchner, 2007). Hinzu kommt, dass unser Wissen exponentiell wächst und damit auch die Art zu lernen und zu kommunizieren grundlegend verändert hat.
Dabei erfolgt Lernen im Wechselspiel zwischen Individuum und seiner Umwelt und ist damit nicht nur von der eigenen Person, sondern auch stark von ihrem Umfeld abhängig. Nur wer bedarfsgerechte Netzwerke aufbaut, kann sein Wissen immer aktuell und problemgerecht sichern.
Dabei baut die Lernkonzeption des Konnektivismus auf den Erkenntnissen von chaotischen Zuständen , komplexe Systeme und Netzwerke auf:
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Chaos ist durch zunächst undurchschaubare Strukturen geprägt, deren Muster der Lerner erst erkennen muss.
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Ein System, z. B. ein Unternehmen ist ein Ganzes, das aus Subsystemen (Abteilungen) und Elementen (Mitarbeiter, Führungskräfte) besteht . Systeme sind komplex, ändern sich durch Außenwirkung von Außen und Innen und regulieren sich selbst. Deshalb ist es notwendig, dass die Lernenden die Bedeutung einzelner Subsysteme und Elemente erkennen und Verbindungen zwischen Personen und Gemeinschaften knüpfen.
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Netzwerke sind Verbindung zwischen verschiedenen Elementen, z. B. Menschen, Gruppen oder Computer (Kuhlmann & Sauter, 2008, S. 48).
Damit dürfte der aktive Part nicht nur bei dem, sondern bei den Lernenden liegen, die sich im besten Fall unterstützen und von den umgebenden Informationsqellen lernen. Und nach der Auffassung des Konniktivismus ist Lernen ein selbstorganisierter Prozess, bei dem ein Lehrender prinzipiell nicht nötig zu sein scheint; allenfalls die Aufgabe hat Netzwerke ohne Hierarchien zu ermöglichen (vgl. Reinmann, 2010, S. 5).
Literatur:
Bernhardt, Thomas; Kirchner, Marcel (2007). E-learning 2.0 im Einsatz – „Du bist der Autor!“ Vom Nutzer zum WikiBlog-Caster. Boizenburg: Hülsbusch.
Kuhlmann, Annette M.; Sauter, Werner (2008). Innovative Lernsysteme. Kompetenzentwicklung mit Blended Learning und Social Software. Springer: Berlin, Heidelberg.
Moser, Heinz (2008). Einführung in die Netzdidaktik. Lehren und Lernen in der Wissensgesellschaft. Baltmannsweiler: Schneider.
Reinmann, Gabi (2010). Didaktisches Design: Von der Lerntheorie zur Gestaltungstheorie
Siemens, George (2006): Connectivism: Learning Theory of Pasttime of the Selfamused. elearnspace – everything elearning.
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