Was sind Lernaufgaben?

„Lernaufgaben sind im pädagogischen Arbeitsalltag meist als solche Arbeitsaufträge der Lehrenden an die  Lernenden beobachtbar, mit denen eine Lernerselbsttätigkeit in Gang gesetzt und in Gang gehalten werden soll, die auf eine Selbsterschließung von neuem Wissen und Können zielt“ (Krogoll 1998, S. 152).

Für die berufliche und betriebliche Weiterbildung erscheint eine Weiter-entwicklung von Lernaufgabenkonzepten erforderlich, um den Besonderheiten der personenbezogenen, interaktionsintensiven Dienstleistung Pflege Rechnung zu tragen. Gerade in der pflegerischen Arbeit erscheinen hermeneutische, einzelfallbezogene Wahrnehmungs- und Deutungskompetenzen und damit die Ausgestaltung der Variabilität von Arbeitsprozessen besonders wichtig. Personenbezogene Dienstleistungen zeichnen sich weiterhin dadurch aus, dass sozial-kommunikative Kompetenzen nicht nur Mittlerfunktion haben, welche die eigene Dienstleistung transportieren, sondern dass diese wesentliches Kernelement der Leistung bzw. die eigentliche Dienstleistung darstellen.

Hauptcharakteristika von Lernaufgaben ist, dass sie typische Arbeitssituationen bzw. Arbeitsaufträge aufgreifen und für das Lernen methodisch aufbereiten. Die in der Lernaufgabe aufgegriffene Handlung sollte eine hohe Relevanz und einen ausreichenden Lerngehalt für den Beruf besitzen. Die Bearbeitung der Lernaufgabe sollte offen für das eigenständige, begründete Vorgehen der Lernenden sein. Neben der unmittelbaren Befähigung zur Bewältigung beruflicher Anforderungen zielen Lernaufgaben immer auch auf die Förderung der beruflichen Mündigkeit. Nebenher bilden das Erlernen professioneller Strategien zur Bewältigung beruflicher Problemstellungen den grundsätzlichen Anteil der Lernaufgaben (Müller, 2009)

Nach ihrer „Problemhaltigkeit“ und der „subjektiven Verschränkung des Problems mit den individuellen Kognitionen und Interessen“ werden nachstehend fünf Lernaufgabentypen charakterisiert.

Lernaufgabentyp 1:
Aufträge

Lernaufgabentyp 2:
Gegebene geschlossene Problemstellung

Lernaufgabentyp 3:
(Gegebene) Problemstellung, komplex, sequentiell vielfältig ausdifferenzierend

Lernaufgabentyp 4:
kommunikativ erzeugte kognitive Störung, großer Suchraum für Lösungen (für größere kognitive Umstrukturierung)

Lernaufgabentyp 5:
Partizipative Entwicklung eines komplexen Problems mit vielfältigen Implikationen und vermutlich spürbarer affektierter Involviertheit

 

Die Aufgabe des ersten Typs zeigt nur Spuren eines Problemgehalts, die des fünften Typs ist durch „große Problemstellungen“ gekennzeichnet.

Folgende beispielhafte Lernaufgabe für den Fachweiterbildungslehrgang Operationsdienst stellt den Lernaufgabentyp 1-2 dar und wurde mit freundlicher Genehmigung von Frau Claudia Staudinger, Dipl. Pflegepädagogin (FH) zur Verfügung gestellt.

 

Literatur:

Krogoll, Tillmann (1998): Lernaufgaben. Gestalten von Lernen und Arbeiten. In: Holz, Heinz et al. (Hrsg.): Lern- und Arbeitsaufgabenkonzepte in Theorie und Praxis. Bielefeld: Bertelsmann, S. 148-164.

Müller, Klaus (2009): Implementierung eines Lernaufgabenkonzeptes in die betriebliche Pflegeausbildung. Dissertation, Universität Bremen.

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Datum: Freitag, 8. Juli 2011 14:37
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3 Kommentare

  1. 1

    Liebe Doris,
    deine Seite über Lernaufgaben habe ich mit großem Interesse verfolgt. Ich bin dabei auf Details gestoßen, die mich bisher in der Pflegeausbildung nicht tangiert, bzw. die in der Pflegeausbildung bisher keine Rolle gespielt haben. Das sind „die Prozesse der beruflichen Mündigkeit“ und, dass „sozial-kommunikative Kompetenzen …“ ein „… wesentliches Kernelement der Leistung bzw. die eigentliche Dienstleistung darstellen“. Ja, ich glaube, dass diese Anforderungen an die Lernenden bereits in der Pflegeausbildung gestellt und dann in der beruflichen Weierbildung fortgeführt bzw. auf ein höheres Niveau gebracht werden müssen.
    Eine interessante Diskussion, die unbedingt geführt werden sollte.
    Herzliche Grüße
    Maria
    Danke auch für die wertvollen Literaturhinweise.

  2. 2

    Liebe Maria,

    dieses Lernaufgabenkonzept ist ja bereits in vielen berufsschulischen Bereichen verankert. Allerdings gibt es hier auch nochmals Unterscheidungen zwischen Lernaufgaben sowie sie in dieser Struktur beschrieben sind, den Arbeits- und Lernaufgaben und den Lern- und Arbeitsaufgaben.
    Arbeits- und Lernaufgaben sind eher eine arbeitsgebundenen Lernform im Hinblick auf Struktur und Inhalt. Letzere basieren allerdings nicht auf realen betrieblichen, sondern auf berufstypischen Arbeitprozessen und werden nicht im Betrieb angewandt, sondern in Berufsschulen oder überbetrieblichen Ausbildungszentren.Allen gemeinsam liegen berufliche Arbeitsaufträge zugrunde.

    Letztendlich ist jedoch bei allen Formen die Prozesse der beruflichen Mündigkeit und sozial-kommunikativen Kompetenzen eine ganz entscheidende Zielsetzung, sowohl in der beruflichen Ausbildung als auch Weiterbildung.

    Die Frage für Lehrende stellt sich doch dabei immer wieder, wie kann das beigebracht werden??? …und wie kann ich Kompetenzen beibringen? Viele Abschlüsse laufen doch auf den Erwerb von Qualifikationen hinaus. Frei heraus, hauptsache ich habe meinen „Schein“. Deswegen glaube ich auch, dass erst vieles in der beruflichen Erfahrungspraxis erworben wird. So hoffe ich doch.

    Liebe Grüße
    Doris

  3. Claudia Staudinger
    Freitag, 19. August 2011 7:43
    3

    Liebe Doris,

    ich verfolge Deine Beiträge schon von Anfang an. Es freut mich, dass Dein „Lernaufgabenblog“ sich stetig weiterentwickelt. Die Praxis ist meines Erachtens der wichtigste Part des Lernens in der Pflegeaus,- fort,- und weiterbildung und dazu leistest Du meiner Meinung nach einen großen Beitrag. Mach weiter so!

    Liebe Grüße

    Claudia

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